Wie fängt man nun an mit der Selbstständigkeit? Das war die nächste Frage, mit der wir uns intensiv beschäftigten. Durch meine vorherigen Recherchen hatte ich bereits ersten Kontakt mit der Bochumer Wirtschaftsförderung und berichtete Steffi von den Wirtschaftswettbewerben, die in Bochum regelmäßig stattfinden.
- Das ist auch unser erster Gründertipp an euch.
Wenn ihr mit dem Gedanken spielt, euch selbstständig zu machen, dann schaut auf der Homepage eurer Stadt oder eurem Landkreis nach. Recherchiert, welche Gründernetzwerke es in eurer Umgebung gibt. Dort gibt es viele (und häufig auch kostenlose oder kostengünstige) Angebote für angehende Gründer und Gründerinnen.
Nach unserem Gespräch hatte sich Steffi spontan bei der „Leitidee“ und dem Senkrechtstarter-Wettbewerb angemeldet. Während dieser Veranstaltungen formte sich aus der ersten spontanen Idee langsam ein Geschäftsmodell, mit dem auch die Jury begeistert werden konnte. Denn so belegte kunstundkegel beim Leitidee-Wettbewerb den 2. Platz und beim Senkrechtstarter 2018/19 den 4. Platz (von über 100 Teilnehmern).
Während der ganzen Zeit blieben wir in Kontakt und schrieben uns täglich Nachrichten, wie es weitergehen könnte. Es war fast, als hätte man ein Fass angestochen und die Ideen strömten seitdem nur so aus uns hinaus. Häufig mussten wir uns gegenseitig bremsen, um nicht den Fokus zu verlieren.
Als Nächstes begann die Testphase. Steffi verbrachte Tag und Nacht damit herauszufinden, wie und wo man ihre Motive in hoher Qualität drucken lassen konnte. Sie bestellte die ersten Testprodukte, arbeitete sich in neue Programme ein und probierte viel aus.
- An dieser Stelle folgt unser zweiter Gründertipp.
Gerade in der ersten Phase, in der häufig nur geplant wird, gibt es einen Punkt, an dem man einfach ausprobieren und seine Planung in die Tat umsetzten muss. Sonst bleibt ein schöner Plan ewig in der Schublade liegen. Es wird Dinge geben, die nicht klappen, aber dadurch lernt man jeden Tag etwas dazu.
Währenddessen steckte ich noch mitten in der Elternzeit mit meinen Zwillingen. Ich freute mich durch die Gespräche und den Austausch über kunstundkegel ein wenig von meinem stressigen Alltag abgelenkt zu sein. Schon den allerersten Kunsthandwerkermarkt meisterten wir zu zweit. Ich nutzte die Gelegenheit, um Steffi zu begleiten und wagte mich ein erstes Mal, seit der Geburt der Zwillinge, ohne Kinder hinaus in die Welt.
Schon bald begannen wir regelmäßig, meist bis tief in die Nacht hinein, zusammen zu arbeiten und Pläne zu schmieden. Steffi freute sich über die Hilfe und ich war froh einen sinnvollen Ausgleich zum fordernden Familienalltag gefunden zu haben. Es folgte eine aufregende Zeit mit vielen Märkten, etlichen Produkttests, und der Einrichtung des Etsy-Shops. Gekrönt wurde das Ganze von der Teilnahme am Zeltfestival Bochum und einigen Einladungen zu Vorträgen und Veranstaltungen, die Steffi bekam.
Wir bemerkten, dass wir wirklich gut und effektiv zusammenarbeiten konnten, und ganz ehrlich, es macht ja auch viel mehr Spaß in einem Team zu arbeiten, als die Tage allein vor dem Schreibtisch zu verbringen.
- Unser dritter Gründertipp:
Sucht euch ein inspirierendes Umfeld. Umgebt euch mit Menschen, die an eure Idee glauben und eure Motivation verstehen können. So wird vieles leichter! Bestens dafür geeignet sind Gründertreffen und Netzwerkveranstaltungen. Dort wimmelt es nur so von positiver Energie und motivierenden Impulsen!
Bei uns formte sich mit der Zeit der Wunsch, kunstundkegel zusammen weiterzuführen. Ich warf also meine ursprünglichen Pläne über Bord und stürzte mich genauso wie Steffi in das Abenteuer, das nun folgen würde.
Wie bei jedem guten Abenteuer gab es auch auf unserem Weg spannende, nervenaufreibende und wunderschöne Phasen. Wir hatten große Pläne und Erfolg auf Märkten und Messen. Wir bekamen die Möglichkeit in einem Pop-Up Store unsere Produkte zu präsentieren und wurden durch das Gründerstipendium NRW gefördert.
Aber wie bei jeder Selbstständigkeit gab es auch Höhen und Tiefen. So kam es zu einem ersten Rückschlag. Die Corona-Krise begann. Alle Märkte und Messen, die in diesem Jahr unsere Haupteinnahmequelle sein sollten, wurden der Reihe nach abgesagt. Wir mussten umdenken und unsere Planungen ändern. Wir brauchten, ergänzend zu unserem Etsy-Shop, eine feste Einnahmequelle. Da wir sehr gute Erfahrungen mit dem sechswöchigen Pop-Up-Store (Jan-Feb 2020) gemacht hatten, kam uns die Idee, dieses Konzept fortzusetzen. Wir bekamen eine passende Immobilie in der Bochumer Innenstadt angeboten und begannen direkt mit den Planungen. Dazu erarbeiteten wir ein Konzept, durch das auch junge regionale Start-Ups die Möglichkeit bekommen sollten, ihr Unternehmen den Kunden vorzustellen – quasi ein Mietregalkonzept für Gründer und Gründerinnen.
Innerhalb kürzester Zeit richteten wir den Laden ein, denn zwischen der Eröffnung und dem Mietbeginn lagen nur knapp zwei Wochen. Wir waren unendlich froh, als das Geschäft Ende Oktober 2020 mit viel Hilfe von Steffis Papa und unseren Männern eröffnen konnte. An dieser Stelle möchten wir uns auch bei unserem Vermieter der Sparkasse Bochum und bei Bochum Marketing für die Unterstützung bedanken!
Es war zwar nie unser Plan, ein Geschäft zu eröffnen, schon gar nicht während einer weltweiten Pandemie, aber es lief gut an und wir freuten uns über die positive Resonanz. Wir genossen das Gefühl im Geschäft zu sein, euch unsere Produkte präsentieren zu können und gleichzeitig am Unternehmen zu arbeiten. An manchen Tagen brachten wir unsere Kinder mit ins Geschäft, denn es ist wirklich schön, die Gelegenheit zu bekommen Arbeit und Familienleben zu verbinden.
Jetzt gerade befinden wir uns mitten im nächsten Lockdown, ohne staatliche Unterstützung, da die Gbr-Ummeldung als Neugründung zählt. Wir fallen durch alle Raster einer möglichen Förderung. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und planen weiter, denn auch wenn es aktuell so manche Hindernisse zu überwinden gibt, die Ideen sprudeln weiter aus uns heraus. Und wir freuen uns schon auf die nächsten abenteuerlichen Schritte, die wir in Zukunft mit euch teilen werden.